Färbergarten-Workshop mit Peter Reichenbach
25 Interessierte folgten der Einladung von Palaterra am 25. April 16 auf den Hengstbacher Hof. Das Thema sehr spannend und mit einem, genauer gesagt, dem Experten zum Thema Färbergarten. Peter Reichenbach führte durch den Workshop. Der Künstler über sich selbst: „ Ich bin Zen-Maler und male schwarze Punkte auf Leinwand!“ nimmt das eigene Ego eher leicht und führt direkt zum Themenschwerpunkt.
Interessant die Geschichte, Peter´s Weg zum Färbergarten. Sein Arzt war es, der ihm, nach Abtasten der Leber und sorgfältiger Analyse der Blutwerte, Alkoholkonsum und fettes Essen verbot. Umso verwunderter der Patient. „Ich treibe Sport und trinke keinen Alkohol.“ Etwas aufgeregt ging er, gemeinsam mit dem Arzt auf Spurensuche. Und siehe da, es fand sich etwas. Cadmium, Blei, Schwermetalle und alles was noch weniger taugt. Und wo? Genau, in den Farben, mit welchen der Künstler tagtäglich arbeitete, die er einatmete. Sie belasteten den Organismus derart stark, dass die Leber kapitulierte und wuchs. Einem Künstler die Farben wegzunehmen funktioniert genauso, wie einem Fisch das Wasser zu entziehen. Gar nicht!
Peter Reichenbach begann sich viel mit den Malern vergangener Epochen zu beschäftigen und fand eine Menge Interessantes zu der Herstellung von Naturfarben. Dazu gesellte sich der Zufall. Ein Auftrag in einer Brennpunktschule. Er sollte einer Klasse das Malen und Zeichnen beibringen. So heterogen die Klasse, so eindeutig die Honorarsituation. Geld war für dieses Projekt keines vorhanden. Peter Reichenbach ging mutig in die Klasse, sah sich die angehenden jungen Künstler an, erkannte die Herausforderung in der Brennpunktschule schnell und warf einen Köder aus. „Ich bringe euch bei wie man Tiger, Dinosaurier und Bäume zeichnet, und ihr bezahlt mich!“
Die Ideen fanden die Kinder und jungen Erwachsenen gut, nur das mit dem Honorar schwierig. Geld hätten sie keines. Davon ließ er sich jedoch wenig entmutigen und sagte er akzeptiere das Honorar in Farben. Diese kosten Geld entgegneten die jungen Künstler, viel Geld. Das wüssten sie genau.
Zeit für den nächsten Köder – man könnte doch vielleicht auch Farben aus Pflanzen herstellen. Kurzes Schweigen und Zeit für eine erste eigene Idee der Kids: Naturkundemuseum. Freiwillig!
Ein Abenteuer nahm seinen Lauf, welches ungeahnte Dimensionen entwickelte. Neben der Tatsache, dass Peter Reichenbach viel Farbe aus dem Projekt seiner Klasse erhielt. Die Kinder ein ungeahntes Maß an Selbstbewusstsein, Kreativität, Problemlösekompetenz, Konsensfindung und sozialer Kompetenz entwickelten, folgte ein Novum: „sevengardens“ (Färbergärten) wurden weltweit ins Leben gerufen und das Ganze gipfelte in eine freie Universität:
Das RCE-Ruhr wurde im Mai 2014 durch die United Nations University offiziell als „Regional Center of Expertise on Education for Sustainable Development“ (RCE) anerkannt. Um diese Anerkennung hat sich die Netzwerkinitiative „sevengardens“ – Offizielle Maßnahme der UN-Weltdekade Bildung für nachhaltige Entwicklung und Bestandteil des Nationalen Aktionsplans für Deutschland – mit seinem Projekt „Metropole machen“ beworben. Das RCE-Ruhr basiert auf einem zivilgesellschaftlich ausgerichteten Bottom-Up-Ansatz und ist damit momentan das einzige seiner Art. Zurück zum Färbergärten und dem Workshop. Die internationalen Teilnehmer (Sozialpädagogen, Erziehungswissenschaftler, Coachs, Unternehmer, Politiker…) erfuhren im Werkstattgespräch viel über Historie, Techniken, Pflanzen, Veredelung und Anwendung.
Zum Beispiel:
Welche Auswirkungen zeigen Säuren und Basen auf die Pflanzenfarben?
Welche Farben und Techniken wandten die Maler der Renaissance an?
Wir werden Naturfarben konserviert? Was benötigt die Naturkosmetik der Zukunft? Wie wird ein Färbergärten angelegt?
Neben der Wissensvermittlung folgte reichlich Praxis. Rotkohl, Baumrinden und Blüten wurden zerkleinert, mit Wasser gemischt und gemörsert. Mit den ausfließenden Farben experimentiert auf Stoff, Papier oder Holz. Die Farben nochmals mit Zitronensäure oder Natron im PH-Wert verändert. Farbnuancen und Farbtöne herausgearbeitet. Die Ergebnisse überraschend, bunt, farbenfroh, heiter. Anwendungsbereiche vielfältig! Danke für diesen lehrreichen Workshop an Peter Reichenbach. Danke an Joachim Böttcher und sein Team vom Hengstbacher Hof, die diesen Workshop möglich machten, die Teilnehmer köstlich bewirteten und mit einer Führung Einblick in das nachhaltige Wirken der Firma Palaterra gaben.
Petra Richard, www.moselenergie.com