12 Merkmale kennzeichnen den bewussten Menschen. Diese können in unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden sein. Demut ist eines. Einen Sinn dafür zu haben, dass man Mitspieler im Spiel des Lebens ist und welchen Platz man in der Welt hat.

Im Frühjahr 1863 erklärte Abraham Lincoln in einer öffentlichen Bekanntmachung den 30. April zum „Nationalen Tag der Demütigung, des Fastens und des Gebets.“ Amerika habe sich, so führte er aus, „am ungebrochenen Erfolg berauscht“ und sei „zu dünkelhaft … zu stolz“ geworden. Der Bürgerkrieg, der das Land verheere, sei die Strafe Gottes für diese Arroganz. Einzig Buße, Gebet und Fasten, die zu einem gemeinsamen Gefühl der Demut führen sollten, könnten ähnliche Gräuel in Zukunft verhindern.
Nur die wenigsten Menschen möchten regelmäßig gedemütigt werden – außer natürlich, wenn sie sich explizit wünschen und Latex mit im Spiel ist. Wie Verlegenheit ist Demütigung etwas das einem vor Publikum widerfährt, und wie bei Scham möchten wir dabei im Boden versinken. Es schwingt mit, wenn wir Objekt der Verachtung anderer werden. Wenn auf dem Spielplatz andere Kinder über unsere Zahnspange lachen oder wenn wir feststellen müssen, dass außer uns selbst jeder im Dorf von der Affäre wusste.

„Alle Grausamkeiten und Brutalitäten, selbst ein Genozid, beginnen mit der Demütigung einer einzelnen Person.“, sagte Kofi Annan, der Friedensnobelpreisträger und frühere UN-Generalsekretär.
Weil Demütigung den Wunsch nach Rache um jeden Preis speist, wurde sie auch als „Atombombe der Emotionen“ bezeichnet.

Demut engl. humility lässt sich beispielhaft beschreiben als aufrichtige Bescheidenheit und tiefem Respekt vor allem Lebendigen. Auf einer Skala der Bewusstheit bis 1000, ist Demut angesiedelt bei einem Wert von 570. Die Aussagekraft hinter dieser Zahl zeigt die Bewusstheit eines Menschen der Maya, den Schein und die Täuschung aller weltlichen Phänomene erkannte. Dieser Mensch lebt in der Existenz wahrer Liebe und ist vertraut mit der reinen Schöpferkraft, die hinter allem wirkt.

Praktizierte Demut gehört auch heute noch zu vielen Religionen der Welt. Die indischen Jainas zum Beispiel vertreten eine Lehre der äußersten Gewaltlosigkeit. Das soll sie tagtäglich daran erinnern, dass alle Lebewesen gleich sind und die Menschen sich nicht über andere Lebewesen erheben sollen.
Die Aufforderung „Check your privilege!“, (Überprüfe Deine Privilegien!) die in manchen Blogs und bei Twitter aufgestellt wurde, stieß auf Kritik, weil dadurch eine kritische Auseinandersetzung unterdrückt werde. Wenn man sich jedoch vor Augen führt, wie das Wort Demut ursprünglich gemeint war, dann kann man die Aufforderung, so etwas wie Demut zu empfinden, als Appell dafür sehen, sich vor Augen zu führen, dass das eigene Glück und die eigenen Erfolge genauso das Ergebnis von Klassenzugehörigkeit, Familie, Geschlecht, Rasse, Herkunftsland und Zufall sein können wie das eigener Anstrengungen. Das ist dann nicht die verlogene, speichelleckerische Demut, die Uriah Heep in Charles Dickens` Roman „David Copperfield“ an den Tag legt, der immer so „demütig“ ist, oder die falsche Bescheidenheit von irgendwelchen Berühmtheiten, sondern es steht für die Anerkennung der Tatsache, dass das Gute in unserem Leben nicht immer nur unser eigenes Werk ist, sondern auch von anderen Menschen abhängt.

Als eine von 12 Zukunftskompetenzen öffnet Demut uns den Zugang zu völlig neuen Bewusstseinsräumen. Wir sehen und erfahren die Welt wirklicher als sie uns zurzeit bekannt ist.

Bild: Sumu
Rakashi 3 Demut – © Margit Herzog