Vieles im Leben spielt sich in unseren Köpfen ab. In der Erinnerung, der Vorstellung, bei der Interpretation oder Spekulation. So ich mein Leben wirklich verändern will, beginn ich am Besten mit der Änderung meiner Denkweise. Shakespeare und die Stoiker sagten dies bereits vor hunderten von Jahren. Doch, sie mussten keine 250 Emails pro Tag beantworten, nutzten weder Facebook noch Twitter. Wir leben in einer Zeit des ständigen Abrufs.
In den Jahren als Beraterin in Unternehmen sind mir viele Situationen begegnet. Einige die mich sehr nachdenklich werden ließen. Neue Worte sind mir begegnet. Zum Beispiel: “Überkommuniziert” in der Verbindung mit: “Ich bin”. Dieser Typus Mensch hält endlose, nervende Monologe, besitzt eine immense Sprechgeschwindigkeit und strahlt einen Stresslevel aus, der binnen kürzester Zeit bereits zu erheblichen Verspannungen beim Zuhörer führt.
In einem Münchner Vorort, in Gräfelfing, war ich vor Jahren zum Abendessen bei einem Italiener. Meist gehe ich alleine essen, das ist Gewohnheit geworden und macht mir wenig aus. Gerne auch zum Italiener. Sie besitzen gute Manieren und begegnen einem alleine sitzenden weiblichen Gast mit einer wohltuenden Wertschätzung. Nun verplaudere ich mich etwas… Verzeihung!
Was ich erzählen möchte, ist: Da sitzt doch zwei Tische neben mir ein Paar. Circa Ende 40. Sie sehr attraktiv, sportlich und gut gekleidet, er ebenfalls. So ein Typ erfolgreicher Manager oder Führungskraft, möglicherweise bei BMW. Liegt nahe. Was mich stutzen und aufmerksam werden ließ war jedoch, das dieser Mann die Frau völlig übersah. Er redete und redete ohne Unterlass. Sie schien bemüht ihm zuzuhören, verstand jedoch weder was er sagte, noch kam sie selbst zu Wort. An der Mosel würde man sagen: “Da redet sich jemand um Kopf und Kragen!”. Aber es war etwas anderes.
Dieser Mann zeigte einen immens hohen Stresslevel. Er war zwar körperlich anwesend in dem italienischen Restaurant, jedoch geistig und vor allem seelisch – Lichtjahre davon entfernt. Vermutlich noch im Meeting des Vormittags oder bei der schwierigen Verhandlung mit dem chinesischen Vertragspartner. Möglicherweise auch bereits bei dem Projektleiter-Meeting am Folgetag. Wo auch immer, auf jeden Fall war er nicht da!
Früher, als alles besser war, gingen Menschen einmal in die Woche in die Kirche. Meist am Sonntag. Ohne Handy! Die Kirchenbauer der alten Zeiten wussten eine harmonikale Architektur zu gestalten, die den Geist trug. Die Stille war sehr wohltuend. Eine polnische Kollegin, Vertriebsmitarbeiterin, mit überdurchschnittlich viel Kundenkontakt sagte einmal zu mir, manchmal könne sie die vielen Stimmen in sich kaum noch ertragen. Dann ginge sie einen Moment in eine Kirche, in die Stille – um wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen.
In meinem Yoga-Unterricht, in den Coaching-Sitzungen oder auch bei den Wanderungen mit meinen Klienten geht es immer wieder darum “Bewusst Maßnahmen” zu ergreifen, um im Leben Raum zu schaffen. Raum für das Wesentliche. Für das “Ich bin!”
Klarheit und Weisheit sind im stillen Flug der Seele geborgen!